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Katja Röckel

Katja Röckel – Medienpädagogin, Radiomoderatorin, Moderatorin

Wie gehst du mit der aktuellen Situation um und wie geht es dir?

Danke, gut. Wir müssen uns das momentan alle viel öfter gegenseitig fragen und das Gute an dieser Situation ist, so erlebe ich es zumindest, dass die allermeisten Menschen darauf auch eine ehrliche Antwort geben. Es ist für mich auch total spannend zu erleben, mit welchen Menschen ich gerade Kontakt habe. Zum Teil sind das Personen, mit denen ich sonst nicht so viel kommuniziere. Ansonsten bin seit gut einer Woche im Homeoffice mit zwei Teenagern, die grandios selbständig ihren Schulkram meistern. Schule muss auf einmal „digital“ funktionieren und das tut sie! Es freut mich gerade als Medienpädagogin besonders, dass das so ist. Kind 1 (16) hat eigenständig den „Unterrichtsbeginn“ auf 11:30 Uhr verlagert und beschäftigt sich dann bis zum frühen Abend mit Schule und Kind 2 (12) freut sich über Wochenpläne, bei denen er selbst über das wann und wie (mit Freund per Videokonferenz oder alleine) er die Aufgaben erledigt, entscheiden kann. Die Schule meiner Kinder war erstaunlich schnell in der Lage, Aufgaben über die sächsische Schulplattform LernSax zu verteilen. Und ich würde jetzt nach etwas über einer Woche schon sagen, dass sich hier ein neuer häuslicher Alltag eingestellt hat. Es wäre jedoch sinnvoll, wenn jetzt schon festgehalten würde, was in Sachen Bildung und Digitalisierung gerade gut funktioniert und was nicht. Aussagen von Eltern und Kinder aus meinem Bekanntenkreis belegen, dass nicht alle Kinder und Jugendliche gleich gut mit dem Lernen vom eigenen Schreibtisch aus klarkommen. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen zu Hause in puncto Ausstattung und eine gute Begleitung des Lernens durch die Eltern kann nur erfolgen, wenn diese dafür auch Zeit haben. Jüngere Kinder, aber auch Schüler*innen mit Behinderungen erreicht man unter Umständen nicht so gut – das sind nur drei Aspekte. Umso wichtiger ist, dass die Erfahrungen, die jetzt Familien mit der Situation machen, festgehalten werden.
Für meine Familie kann ich – wie oben schon geschrieben – sagen, dass sich hier ein neuer häuslicher Alltag eingestellt hat. Es wird gekocht, nachmittags spazieren gegangen und abends sogar manchmal gespielt. Und halt „nebenbei“ noch gearbeitet. Das ist ein ganz schöner Spagat, andererseits genieße ich es auch für die Kids ansprechbar zu sein. Momentan muss ich mir erstmal keine Sorgen um Job und so weiter machen. Mich beunruhigt jedoch, wie vielen Leuten es anders geht und so richtig Angst um ihre Existenz haben (müssen), auch wenn es jetzt schon ein paar Möglichkeiten, die Abhilfe schaffen können: solidarische Aktionen und vieles mehr, die uns Hoffnung machen.

Welche Tipps und Empfehlungen möchtest und kannst du aussprechen, damit wir alle die Situation und unseren Alltag meistern?

Da gibt es kein Patentrezept, das sollte jede*r für sich im Austausch mit Familie und Freund*innen ausmachen. Es hilft sicher manchen Menschen, jedem Tag eine Struktur zu geben, aber das ist sicher nicht für jede*n sinnvoll.
Ich finde vor allem wichtig, über den eigenen Tellerrand zu gucken, die eigenen Privilegien zu erkennen und zu schauen, wie man andere unterstützen kann. Denen, die gerade arbeiten im systemrelevanten Umfeld, denen die nicht mal zum Spazierengehen rauskönnen und alle anderen, die jetzt viel stärker von der Krise betroffen sind als ich in meinem gut geheizten Homeoffice.

Welche Art von Unterstützung brauchst du bzw. was wünschst du dir von deinen Mitmenschen?

Tatsächlich habe ich schon die Unterstützung, die ich brauche.
Von meinen Mitmenschen und auch ein bisschen von mir selbst wünsche ich mir Geduld und Gelassenheit, mit der Situation umzugehen. Bisschen Angst und Wut kann aber sicher in gewissen Situationen auch nicht schaden. Und an alle, die in der Pflege, in Einrichtungen der Jugendhilfe, in Knästen, in Supermärkten und sonstwo mit und am Menschen arbeiten: DANKE.