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Rick Barkawitz

Rick Barkawitz – Moritzbastei, Programmchef

Wie gehst du mit der aktuellen Situation um und wie geht es dir?

Das ist privat wie beruflich sehr ambivalent. Grundsätzlich geht es mir gut, auch wenn die Ungewissheit, die einen permanent umgibt, ziemlich aufreibend ist.
Aktuell sitze ich im Homeoffice und arbeite Veranstaltungsabsagen und -verlegungen ab. Zum einen ist dies praktisch ziemlich schwierig, weil ja niemand weiß, wann es wie weiter geht, und weil sich so nun verschobene und neu geplante Tourneen und Veranstaltungen im Winter und Frühjahr „stapeln“. Und zum anderen geht es mir schon sehr an die Nieren, sehr viel getane Arbeit „einfach so“ einzustampfen. Zudem beobachte ich mit großer Sorge den Überlebenskampf, zu dem Künstler und Kulturbetriebe gezwungen sind, und den sie teilweise schon verloren haben. Es gab nie einen besseren Moment für die Politik und alle Entscheider zu erkennen, welch hohes meritorisches Gut die freie Kulturszene darstellt! Und so bin ich guten Mutes, dass es (finanzielle) Lösungen für freie Kulturschaffende und freie Bühnen geben wird, damit wir auch nach der Krise eine starke Kulturszene jenseits der Hochkultur haben werden.
Ansonsten ist es toll, soviel Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Und natürlich ist das auch eine Herausforderung, weil der Alltag ganz neue Anforderungen an einen stellt. Wir achten darauf, einen sinnvollen und strukturierten Tagesablauf hinzubekommen, um uns gegenseitig nicht zu überfordern oder eben auf den Geist zu gehen. Und so toll es im Moment ist, am späteren Abend mit dem Rad durchs dunkle, menschenleere Leipzig zu fahren, so sehr wünsche ich uns, dass wir uns sehr bald alle wieder in Parks, am See, in den Clubs und auf den Freisitzen dieser Stadt treffen können, um gemeinsam das Leben zu feiern.

Welche Tipps und Empfehlungen möchtest und kannst du aussprechen, damit wir alle die Situation und unseren Alltag meistern?

Ganz grundsätzlich gebe ich anderen ungern Tipps und Empfehlungen. Zudem habe ich mir bis Ostern (nach einer Idee der Süddeutschen) ein „Meinungsfasten“ auferlegt. Und vielleicht ist es genau das, was ich weitergeben könnte – Zuhören, Abwägen, Nachfragen, Informationen prüfen und nicht jeden Mist glauben, der im Netz kursiert – so jedenfalls mache ich das. Ich konzentriere mich auf ein bestimmtes Medium, um mich ein oder zweimal am Tag über die Pandemie und ihre Folgen zu informieren. Dort finde ich gesammelt und aufbereitet alles, was für mich aktuell interessant ist, und entgehe so auch Panikmache und permanentem Katastrophenhype. Das hilft bei der Mentalhygiene!

Welche Art von Unterstützung brauchst du bzw. was wünschst du dir von deinen Mitmenschen?

Siehe oben.
Von der Politik (und allen anderen Entscheidern) wünsche ich mir, dass sie sich an sich selbst ein Beispiel nimmt. Mit dem Finanzmarktstabilisierungsfonds wurde 2008 ein Extrahaushalt geschaffen, welcher bis 2015 Bestand hatte und mit einem Gesamtvolumen von 480Mrd.€ (!) der Stützung illiquider Banken diente. Er war ein Ergebnis der (offensichtlich selbst verschuldeten) Finanzmarktkrise. Es scheint mir logisch (und machbar), all jene, die (offensichtlich unverschuldet) durch die aktuelle Krise in ihrer Existenz bedroht sind, mit einem ähnlichen Fonds zu unterstüzen. In welcher Form und in welchem finanziellen Rahmen, ist mir so ziemlich schnuppe. Nur schnell sollte es gehen. Und es sollte für alle reichen!
Die Wünsche, die ich an meine Mitmenschen hätte, werden schon erfüllt. Aktuell sind Wissenschaftler die eigentlichen Nachrichten; und man hört ihnen zu! Ich erlebe zudem im Moment sehr viel Besonnenheit, Zuneigung und Solidarität in meiner unmittelbaren Umgebung. Und wer mich kennt weiß, dass ich von jeher Weltfrieden und eine gute Gesinnung für Jedermann propagiere!