Robert Küttner: „Erst wenn unsere Gesellschaft sich ehrlich eingesteht, den perfekten Rahmen für den Fall in psychische Probleme zu schaffen, wird sie aufhören Menschen mit leeren Werkzeugkoffern auf Großbaustellen alleinzulassen.“
Angela Bach: Wir müssen raus aus der Tabu-Gesellschaft.
Wir leben leider in einer Tabu-Gesellschaft, in der man über die wirklich wichtigen Dinge besser nicht spricht. Mit psychischen Erkrankungen wie PTBS, Borderline, Depression, Angst- und Panikstörung, Essstörungen u.s.w. wird man schnell zum Außenseiter in dieser leistungsorientierten Gesellschaft. Man passt einfach nicht in das heile Weltbild, das alle vorgeben, das aber eigentlich, nicht wirklich, existiert. Auch die vielen Tabu-Themen, die oft hinter diesen Erkrankungen stehen, möchte sich oft niemand anschauen. Es wird höchste Zeit, dass sich etwas verändert, höchste Zeit darüber zu reden.
Betroffen zu sein, ist für mich kein Grund sich zu schämen.
Dörte Bortfeldt: „Gerade wenn du großen (Über)Lebensdruck ausgehalten hast oder aushältst, sind echte Freunde, die offen auf dich zukommen und dich an ihrem Leben teilhaben lassen wollen, am wichtigsten.
Stefan Üblacker: „Wir neigen dazu, unsere seelischen Ecken und Kanten immer mit uns selbst auszumachen. Dabei hilft es sehr, darüber mit anderen zu reden, und dann stellt man auch irgendwann fest: So ganz glatt sind wir doch alle nicht.“
Susanne Surmann: „Wer aufgrund psychischer Belastungen wenig oder keine Leistung bringt, verliert seinen Wert in den Augen vieler. Er ist dann nicht mehr ver-wert-bar. Dabei ist jeder Mensch an sich wertvoll. Das Mindset in den Köpfen der Menschen muss sich ändern, auch meines. Darum müssen wir darüber reden.“
Ludger Menke. „In diesen rasanten Zeiten bleibt unsere Seele oft auf der Strecke. Denn unsere Seele ist langsamer, sie braucht Zeit.“ – „Danke an meinen Arzt, meinen Therapeuten und an meine Freunde. Ohne sie wäre ich heute nicht mehr da.“ – „Eine verwundete Seele sieht man nicht. Umso wichtiger ist es, sie sichtbar zu machen: durch Gespräche, durch Zuhören, durch Dasein.“
Frauke Gonsior: „Ich spreche und schreibe öffentlich über meinen Alltag mit meiner Depression. Das hilft mir, aber auch anderen und trägt zur Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen bei. So suchen sich erkrankte Menschen vielleicht eher adäquate Hilfe und letztendlich trägt es zur Suizidprävention bei!“
Daniel Richter: Warum ist es wichtig, das Tabu zu brechen und psychische Belastungen zu entstigmatisieren?
„Weil ich es wichtig finde zu wissen, dass man nicht alleine ist mit seinen Problemen, weil eben dieses Wissen helfen kann, schwere Zeiten zu überstehen.
Weil der Zugang zu professioneller Hilfe vereinfacht werden sollte, gerade in Krisenzeiten, weil ich als Betroffener weiß wie schwer es ist über diese Probleme zu sprechen.
Weil psychische Erkrankungen noch immer als „unnormal“ angesehen werden, in einer Leistungsgesellschaft, die psychische Erkrankung jedoch befeuert.
Weil niemand Angst haben sollte, sich professionelle Hilfe zu suchen, so schwer der erste Schritt auch sein mag!“
Stefanie Ververs: „Depression bedeutet, immer wieder hinzufallen und immer wieder aufzustehen. Ein andauernder Kampf gegen sich selbst und für sich selbst. Doch von außen sieht niemand, wieviel Arbeit dahintersteckt – und wieviel mehr noch, die Stürze zu vertuschen.
Könnte es nicht viel leichter sein, wenn Offenheit nicht zu Ablehnung, Unverständnis oder gar negativen Konsequenzen führen würde?“
Jacqueline Rambow: „Ich finde es wichtig, über die Belastungen offen zu sprechen, damit ich verstanden werde und Menschen treffe, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Es ist unheimlich schwer, gesunden Menschen (Freunden, Familienmitgliedern …) zu erklären, was in mir vorgeht und passiert, wenn ich eine Panikattacke habe und eigentlich nur noch auf den Tod warte. Ich erlebe die Menschen, die mir helfen wollen, dann sehr hilflos. Betroffene können das nachvollziehen und mir konkrete Hilfestellung bieten. Außerdem habe ich die Erfahrung gemacht, wenn ich offen darüber spreche, z. B. in meinem Arbeitsumfeld, „outen“ sich plötzlich Menschen als Betroffene und sind erleichtert, dass es noch mehr davon gibt. Das hat etwas Befreiendes und macht es leichter, um Hilfe zu bitten, ehrlich zu sagen, wenn es einem nicht gut geht und gemeinsam Tage zu genießen, die wunderbar sind. Außerdem werden solche Fragen im Inneren relativiert, wie: Warum schaffen die anderen das und ich nicht? Die Antwort ist total einfach: Die schaffen das auch nicht. Nicht immer. Ich kann dadurch milder zu mir sein und mir leichter die vermeintliche Unzulänglichkeit verzeihen. Aber zu solchen Erkenntnissen kommt man nur, indem man darüber spricht. Also hört bitte nicht auf, mit dem was ihr tut! Ihr macht das genau richtig. Das Thema gehört in die Öffentlichkeit, weil es mehr Menschen betrifft, als gemeinhin gedacht wird.“
Mandy Kamm: Mandy, Depressionen und mit chronischer Migräne geplagte Mama von 4 Kindern …
Das Abwinken als Reaktion, wenn man sagt, man hätte Depressionen … Das ist so schwer zu ertragen, dass ich es nicht mehr erzählen mag.
Jetzt kostet es mich soviel Kraft, Kraft, die ich an manchen Tagen regelrecht zusammenkratzen muss, um nach draußen zu gehen. Ich muss eine Maske tragen, ich meine nicht die Atemschutzmaske, sondern meinen Gesichtsausdruck. Ich habe keine Lust, jedem zu sagen, dass es mir nicht ganz so gut geht. Egal, ob Schmerz hier oder Schwere da. Aber ich weiß genau, ich brauche nur ein bisschen lächeln oder lachen und die Mitmenschen sind zufrieden. Dann ist die Welt für alle in Ordnung.
Für mich persönlich sind diese Tage, an denen unser Leben so zurückgeschraubt ist, nicht so schrecklich.
Ich kann mit ruhigem Gewissen und ohne Druck so sein, wie ich bin. Naja, nicht ständig, ich habe ja die Kinder zu Hause, aber über eine längere Zeit. Das tut mir sehr gut.
Depressionen sind nicht ansteckend, aber trotzdem lebensgefährlich! Depressionen sind keine Frage der Einstellung, sondern eine Krankheit.
Depressionen sind der Krebs der Seele.
Deswegen sollten unsere Mitmenschen mit offenen Augen durch den Tag gehen.
„Wer ein Lächeln im Gesicht trägt, muss es noch lange nicht fühlen! Schaut genauer hin!“
Tamara Wagner: „Chronisch gesund zu sein, ist ein Privileg, keine Leistung. Das gilt für die Psyche genauso wie für den Körper.“
Thomas Wolf – Kfz-Schlosser, Ing. für Maschinenbau, Betriebswirt, Steuerfachangestellter: „Mein Leben mit Depression und Angststörung, durch dieses Projekt können wir anderen helfen. Depression und Angststörung sind Krankheiten und als solche sollten sie auch akzeptiert und behandelt werden, diese Krankheit kann jeder bekommen, keiner kann ständig funktionieren, steh zu deinen Ängsten.
Ich war „immer nicht ganz normal“ und musste lernen damit umzugehen, in der DDR, der Bereitschaftspolizei, später in der Marktwirtschaft.
Ohne die Therapie hätte ich es nicht geschafft, von meinen Dämonen loszukommen und weniger Angst vor der Welt zu haben. Das Wichtigste ist darüber zu reden, Persönliches preiszugeben, dies erfordert täglich Mut, teil deine Erfahrungen, stell Öffentlichkeit her, such dir Verbündete, mach die Erkrankung sichtbar.
Ich hatte viel Glück mit meinen medizinischen Behandlungen und Therapeuten, ich habe mich immer verstanden und gut aufgehoben gefühlt, dies ist mein Wunsch für alle Betroffenen. Im letzten Jahrzehnt habe ich auch beruflich einen Arbeitgeber gefunden, der die nötige Sensibilisierung für dieses Thema aufbringt. Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit und ohne diese Unterstützung hätte ich es sehr viel schwerer gehabt. Ich habe meine Krankheit akzeptiert und versuche das Beste daraus zu machen.“
Katja Dietze, Praxis für Hypnotherapie & Coaching: „Es ist absolut notwendig, nicht sichtbare Erkrankungen sichtbar zu machen. Den Betroffenen Hilfe und Unterstützung zu bieten, denn es kann jeden treffen. Wenn psychische Belastungen und Erkrankungen entstigmatisiert sind, bedeutet dies auch gleichzeitig, dass viel früher geholfen werden kann, und so können schwere Verläufe vermieden werden. Ohne Scham über unangenehme Gedanken, Empfindungen und Emotionen zu sprechen, muss schon im Kindesalter gefördert werden.
Es ist Zeit, neue Samen der Empathie und Verständnis zu säen.“
Steffen Ille: „Die Möglichkeit, über psychische Belastungen ohne Angst vor Ausgrenzung oder Stigmatisierung offen sprechen zu können, wäre bereits ein Schritt, deren Folgen zu mildern.“
Steffs Kleynkrämerey: „Worte sind die Farbe unserer Sprache. Tabus nehmen uns diese Vielfalt und machen alles farblos, fad und nehmen uns die Kreativität. Deswegen gilt es jedes mögliche Tabu zu brechen und über das zu sprechen, was verschwiegen werden soll.“
Susanne Ratzer: „Wertvoll für die Gesellschaft wird man nicht durch Gesundheit, Anpassung und Verwertbarkeit. Gesellschaftliche Vielfalt in allen Facetten ist Reichtum.“
Sandra Strauß – Facebook-Post vom 19.07.2019
„Panikattacke. Wirkt gerade und nimmt sich ihren Raum.
Obwohl es für mich gefühlt dafür gar keinen Grund gab.
Oder, naja. War klar, dass es mal wieder ansteht. Ich hab glücklicherweise gelernt, es wirken zu lassen, es anzunehmen, es auszuahlten und warte, bis sie sich ausschleicht. Das dauert dann immer noch n paar Tage.
Und auch erleichternderweise kann ich sogar in dem bestehenden Zustand darüber schreiben und diesen beschreiben.
„Meine“ Panikattacke hat sich seit gestern Abend angekündigt und breitet sich nun voll aus, dominiert mein Erleben und Empfinden – inkl. Herzrasen, Kopf- und Lungendruck, alles dreht sich, Übelkeit, Ruhelosigkeit, alles ist zuviel und überfordert, jeder Schritt auf dem Nachhauseweg ist eine Qual und Anstrengung und dauert gefühlt ewig und man weiß gar nicht, ob man es bis dorthin überhaupt schafft, man ist noch übersensibler als sonst, das Gefühl des Kurz-vorm-Ausrasten steht an, man ist aggro drauf und die Kommunikation mit der Außenwelt geht quasi gegen Null – und gegenüber den nahesten Vertrauten ist man egoistisch, unempathisch, fern ihrer eigenen Erlebenswelt und das, was sonst normal liebevoll Alltag ist, funzt dann nicht mehr, weil es bei einem selbst eben für diesen Moment/Zustand nicht möglich ist.
Achso, Angstzustäne paaren sich da immer gleich mit. Ne Prise Wahn und Realitätsverlust zuckern es.
Warum ich mir „getraue“ das hier so zu schreiben:
Weil ich es als etwas „Normales“ und zum Leben Dazugehörendes finde – ob man nun will oder nicht –, ich weiß, dass nicht nur ich diese Zustände habe, und wirklich glücklich bin, dass ich gelernt habe, damit umzugehen. Und ich weiß ja, dass es vorübergeht, jedenfalls war es bisher so. Und wenn man es erträgt und auch diesen Zustand wirken lässt, hat es danach auch etwas sehr Befreiendes. Da ist danach vieles freier und offener, insbesondere mein Geist und meine Seele.
Und ich schreibe es auch, weil es etwas mit mir zu tun hat und ich durch unsere „Stadt der Sterblichen“ und durch unsere Graphic Novel „Gevatter“ gelernt habe, dass es wichtig ist, dass man darüber spricht und es selbst nicht tabuisiert – weder für sich noch vor der Welt.
Und evtl. hilft es anderen, denen es genauso geht, ein ganz klitzekleines Bisschen, damit man sich damit nicht alleine fühlt, als strange-abwegig-verrückt/abnormal empfindet und damit man es selbst versteht, ergo nen Umgang damit findet. Mir jedenfalls hat dieses Verstehen+Verständnis, das Annehmen immer mehr als geholfen und neue Wege eröffnet. Freiheit. Mehr Selbsterkenntnis und Selbstwahrnehmen.“