Veröffentlicht am

Arndt Ginzel

Arndt Ginzel – Journalistenbüro Ginzel Kraushaar Datt, ARD-Magazin Fakt und ZDF Frontal 21

Wie gehst du mit der aktuellen Situation um und wie geht es dir?

Solange ich mich journalistisch mit der Pandemie beschäftige, kann ich Emotionen ausblenden; ich konzentriere mich, wie bei jedem anderen Thema auch auf die Fakten. Das nimmt Corona den Schrecken. Nach der Arbeit ist es anders. Inzwischen meide ich Supermärkte. Vor dem Ausbruch habe ich gerne eingekauft. Normalerweise komme ich in meinem Markt immer mit einer älteren Verkäuferin ins Gespräch, oft lachen wir. Sie verkauft an einem Stand in der Mitte des Markes Grillhähnchen. Bei meinem letzten Besuch standen meiner Verkäuferin Tränen in den Augen: „Seien Sie froh, dass Sie immer erst so spät einkaufen. Sie glauben nicht, was sich hier am Tag abspielt“. Sie erzählte von einem Mann, der am Vormittag ein ganzes Regal mit Tomatensoße ausräumte. Neben ihm eine hilflose Rentnerin, der Mann habe sich geweigert, ihr auch nur ein Glas abzugeben. Als ich in die traurigen Augen meiner Verkäuferin blickte, spürte ich, wie in mir Angst und Zorn aufstieg.

Welche Tipps und Empfehlungen möchtest und kannst du aussprechen, damit wir alle die Situation und unseren Alltag meistern?

Wenn wir vermeiden wollen, dass Menschen sterben, müssen wir den direkten Kontakt meiden. Aber wir können auch etwas tun. Von meinen italienischen Freunden weiß ich, dass sie für ältere Menschen einkaufen und ihnen die Körbe vor die Tür stellen. Ganz nebenbei vertreibt Hilfe das Gefühl von Ohnmacht. Um nicht in Depression zu verfallen, stelle ich mir oft vor, wie es sein wird, wenn die Zahlen der Neuinfektionen sinken und die letzten schwer erkrankten Menschen die Kliniken verlassen. Ich sehe vor mir, wie sich die Menschen in den Armen liegen und drei Tage lang auf den Straßen feiern.

Welche Art von Unterstützung brauchst du bzw. was wünschst du dir von deinen Mitmenschen?

Empathie muss über Egoismus siegen. Noch benötige ich keine Unterstützung. Danke für die Nachfrage.