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Nadine Nonnenmacher

Nadine Nonnenmacher – wohnmacher, Südseite Leipzig

Wie gehst du mit der aktuellen Situation um und wie geht es dir?

Wir haben in der vergangenen Woche unsere beiden Geschäfte auf unbestimmte Zeit geschlossen und unsere Mitarbeiter in die Kurzarbeit geschickt. In dieser noch nie dagewesenen Situation fühlte ich mich zunächst sehr hilflos, weil man das Geschehen nicht beeinflussen kann, die Kontrolle verliert und nicht weiß, wie lange man das finanziell durchhält. Die letzten Tage vor der Schließung haben wir mechanisch alles abgearbeitet, was noch zu tun war: Es mussten sämtliche Warenlieferungen auf Eis gelegt werden; wir haben Kunden informiert, die Ware bestellt hatten, damit sie noch vor dem Shutdown abgeholt oder ausgeliefert werden konnte; es musste geklärt werden, was mit dem Personal passiert etc. Am ersten Tag zuhause hab ich mich gefühlt, als wäre ich in einem Gurkenglas eingesperrt und hab die Welt draußen nahezu bewegungsunfähig durch eine dicke Glasscheibe leicht verzerrt und voller dumpfer Geräusche wahrgenommen. Gleichzeitig schien die Sonne und das Wetter war frühlingshaft – surreal! Bereits am zweiten Tag zuhause aber begannen Ideen durch meinen Kopf zu schießen und ich wurde aktiv, um die Situation in den Griff zu bekommen. Gemeinsam mit der Familie und Freunden wurden Pläne geschmiedet, um das Schicksal in die Hand zu nehmen und das Beste aus der Situation zu machen. Dazu kamen sehr viele wunderbare Nachrichten via Instagram, Facebook und Whatsapp von treuen Kunden, die uns unterstützen wollten und uns Mut zusprachen.

Welche Tipps und Empfehlungen möchtest und kannst du aussprechen, damit wir alle die Situation und unseren Alltag meistern?

Mittlerweile versuche ich persönlich, das Ganze als Chance zu begreifen. Der Resetbutton wurde gedrückt, die Welt steht still und dreht sich doch weiter. Wir haben plötzlich alle Zeit und wissen gar nicht mehr, was das bedeutet. Wir haben die Chance, uns in dieser zwangsverordneten Auszeit Gedanken zu machen über uns, über andere, über das Miteinander. Ob wir geschäftlich die Krise finanziell überstehen können, weiß ich nicht und es hängt ganz stark davon ab, wie lange sie dauern wird. Viele werden es womöglich nicht schaffen, vielen wird die Existenz wegbrechen. Das ist bitter, aber in unserem Land nicht lebensbedrohlich. Das Gute am Bösen ist: Es betrifft ALLE und deshalb ist Solidarität gefragt – echte, bedingungslose Solidarität und kein „Man müsste eigentlich mal…“.

Welche Art von Unterstützung brauchst du bzw. was wünschst du dir von deinen Mitmenschen?

Die wirksamste Unterstützung wäre ein Mietkostenzuschuss für eine gewisse Zeit durch den Staat. Dabei hilft ein zinsloser Kredit nicht wirklich, denn er muss irgendwann zusätzlich zu den normalen Fixkosten zurückgezahlt werden. Auch der Verzicht eines Teils der Miete von Vermieterseite wäre äußerst hilfreich, denn gerade in der Innenstadt sind die Mieten brutal und man hält ohne Umsatz nur kurze Zeit durch. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, alle unsere lieferbaren Produkte online anbieten zu können und ich hoffe sehr darauf, dass die LeipzigerInnen ihre Dinge, die sie in den nächsten Wochen brauchen, auch bei Leipziger Shops online kaufen, um damit deren Existenz zu retten und später dann auch diese Läden wieder besuchen zu können. Ich wünsche mir einen breiten Support für die lokalen Geschäfte, die momentan alles daran setzen, ihre Kunden zu beliefern und ihre Existenz zu sichern.